Rechtliche Bindungen im Ehrenamt

Das Ehrenamt ist - auch wenn eine Vergütung fehlt - rechtlich nicht unverbindlich. Zwar gibt es im bürgerlichen Recht keine besondere Regelung dafür. Wird die Übernahme einer unvergüteten Tätigkeit vereinbart, liegt aber nach deutschem Zivilrecht ein Auftrag vor.

Der Auftrag ist in §§ 662 - 674 BGB geregelt. Diese Gesetzesvorschriften gelten auch für die Tätigkeit eines ehrenamtlichen Vereinsvorstands.

Nach dem BGB liegt ein Auftrag vor, wenn eine beauftragte Person sich gegenüber einer beauftragenden Person verpflichtet, für diese unentgeltlich ein Geschäft zu besorgen. Das Auftragsverhältnis ist ein einseitig verpflichtender Vertrag. Es entsteht nämlich nur für die beauftragte Person eine Pflicht, ein Geschäft zu besorgen. Die auftraggebende Person ist zu keiner Gegenleistung verpflichtet.
Eine besondere Formerfordernis gibt es für ein Auftragsverhältnis im Sinn der § 662ff BGB nicht. Es kann also auch stillschweigend oder durch schlüssiges (konkludentes) Handeln zustande kommen.

Typisch für den Auftrag ist, dass er unentgeltlich erfolgt. Der Beauftrage kann aber nach § 670 BGB Ersatz für seine Aufwendungen verlangen. Typischer Aufwand sind etwa Fahrt- und Übernachtungskosten oder Ausgaben für Porto und die Nutzung des eigenen Telefons.
Der Aufwandsersatzanspruch umfasst aber nur Kosten, die tatsächlich angefallen sind, erforderlich sind und in einem angemessen Rahmen bleiben. Darüber hinaus gewährte Zahlungen sind Vergütungen für Arbeitszeit und Arbeitskraft (Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.12.1987, II ZR 53/87).


Abgrenzung vom bloßen Gefälligkeitsverhältnis

Nicht jede Tätigkeit, die jemand unentgeltlich übernimmt, führt zu einem Auftragsverhältnis im Sinn des §§ 662 ff. BGB. Es kann sich auch um ein bloßes Gefälligkeitsverhältnis handeln.

Ehrenamt und Gefälligkeitsverhältnis werden zwar beide von der Unentgeltlichkeit und der Fremdnützigkeit des Leistenden geprägt. Im Gegensatz zur bloßen Gefälligkeit bedarf es aber für das Zustandekommen eines Auftragsverhältnisses eines Rechtsbindungswillens des Leistenden (BGH, Urteil vom 23.7.2015, III ZR 346/14). Beide Seiten müssen also Rechte und Pflichten im Sinne eines Auftrages nach §§ 662 ff. BGB übernehmen wollen.

Ein solcher Rechtsbindungswille besteht insbesondere dann, wenn sich die begünstigte Person erkennbar auf die Zusage verlässt und die Angelegenheit für sie von erheblicher wirtschaftlicher oder rechtlicher Bedeutung ist.

Beispiele: Deswegen ist die ehrenamtliche Tätigkeit eines Trainers im Sportverein ein Auftragsverhältnis. Eltern dagegen, die andere Kinder zum Training oder Wettkampf mitnehmen, tun das regelmäßig aus Gefälligkeit ohne weiteren rechtlichen Bindungswillen. Es entstehen deswegen daraus keine weiteren Rechte (z.B. auf Ersatz der Fahrtkosten) oder Verpflichtungen. Deswegen sind sie z.B. nicht schadenersatzpflichtig, wenn der Fahrdienst ausfällt, obwohl sich andere Eltern darauf verlassen.


Ehrenamtliche Tätigkeit als Arbeitsverhältnis

Wird eine Tätigkeit gegen eine Vergütung übernommen, liegt regelmäßig ein Dienst- oder Arbeitsvertrag vor (§ 611 Abs. 1 BGB). Der Arbeitsvertrag ist dabei ein Sonderfall des Dienstvertrages.

Arbeitsverhältnisse unterliegen zahlreichen rechtlichen Regelungen. Das betrifft das Zustandekommen, die Ausgestaltung aber auch die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Dazu gehören vor allem:

  • dass die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nur in schriftlicher Form wirksam ist
  • gesetzliche Kündigungsfristen, die von der Dauer des Arbeitsverhältnisses abhängen
  • die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes
  • ein besonderer Kündigungsschutz für Schwangere oder Schwerbehinderte.

Ein Arbeitsverhältnis ist regelmäßig ein Austauschverhältnis von Leistung und Gegen-leistung. Erhalten ehrenamtlich Tätige eine "Aufwandsentschädigung", die nennenswert über einen bloßen Aufwandsersatz hinausgeht, kann also ein Arbeitsverhältnis vorliegen.
Arbeitnehmer sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) Personen, die aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet sind. (BAG, Urteil vom 20.08.2003, 5 AZR 610/02).

Als Voraussetzung für ein Arbeitsverhältnis nennt das BAG zwei Kriterien (Urteil vom 29.8.2012, 10 R 499/11):

  • ein umfassendes Direktionsrecht, das bei Ehrenamtlern fehlt, weil sich die Weisungsbildung regelmäßig auf einen bestimmten Auftrag beschränkt. Sie sind freiwillig tätig und können ihre Tätigkeit jederzeit und ohne Folgen beenden.
  • eine Vergütung, die - wenigstens teilweise - der Sicherung oder Verbesserung der wirtschaftlichen Existenz dient.

Das wichtigste Abgrenzungskriterium ist die Entgeltlichkeit. Während die Erfüllung eines Auftrages unentgeltlich erfolgt, gehört im Arbeitsverhältnis die Zahlung einer Vergütung zu den Hauptleistungspflichten (§ 611 Abs. 1 BGB). Die Vergütungspflicht im Arbeitsrecht entsteht, wenn sie ausdrücklich (z. B. in einem Arbeitsvertrag) oder stillschweigend vereinbart worden ist. Eine stillschweigende Vergütungsvereinbarung liegt gemäß § 612 Abs. 1 BGB auch dann vor, wenn die Arbeitsleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

Die ehrenamtliche Tätigkeit erfolgt dagegen freiwillig, weisungsunabhängig und unentgeltlich. Den ehrenamtlich Tätigen können im Rahmen des Auftragsrechts zwar gemäß § 665 BGB Weisungen erteilt werden, dieses Weisungsrecht der auftraggebenden Person erreicht jedoch nicht den Umfang des Direktionsrechts eines Arbeitgebers.

Quelle: Vereinsknowhow

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